Danke Helmut!

Speyer

2. Reisetag

120 km

Was haben mein Namensvetter Altbundeskanzler Birne Kohl und ich gemein. Es ist nicht die Birne, soviel sei verraten.
Ich bin in Speyer und da fand Kohl ja am berühmten Dom seine letzte Ruhe. Und wo ich schon mal hier bin, möchte ich mir das Grab von Onkel Helmut natürlich nicht entgehen lassen.
Ich radle einmal um den kompletten Dom. Kein Grab. Kein Hinweis. Kann doch nicht sein. Was ist hier los?
Nun gibt es eigens für den Dom ein Informationsbüro. Da muss ich jetzt leider rein und die wahrscheinlich dööfste aller Touri-Fragen in Speyer stellen:
„Wo ist denn hier das Grab von unserem Altbundeskanzler?“
Die sehr freundliche junge Dame ist von meiner Frage gar nicht überrascht, ich aber von ihrer Antwort umso mehr.
„Oh, das ist ziemlich weit, ungefähr eine Stunde zu Fuß. Ah, Sie sind mit dem Fahrrad da, dann nur 15 Minuten.“
Also fahre ich hin und bin schon wieder überrascht. Erwartete ich doch Busse voll Touristen, einen Menschenauflauf.
Nichts. Totale Leere. Nichtmal Blumen hat jemand daneben gelegt, obwohl es extra eine Anweisung dazu vor dem Grab gibt.
Was hat doch dieser große Staatsmann alles für unser schönes Vaterland geleistet.
„Spendenaffäre, samt sämtlicher dazu gehörenden Rechtsbrüche?“
„Ja, schon.“
„Dubiose Waffengeschäfte?“
„OK.”
„Geldwäscheaffäre?“
„Ja auch, aber jetzt mal im Ernst.“
„Saumagen.“
„Riichtiig!“
Und auf diese Suche wollen wir uns jetzt mal begeben, denn es war das Leibgericht von Helmut Kohl und eine Pfälzer Spezialität. Ich selbst habe es noch nie gegessen und weiß auch gar nicht so recht, was es überhaupt ist.
Erste Anlaufstelle, das Touristenbüro. Die werden sich auskennen. Eine junge Dame bedient und ich stelle die zweit-dööfste Touri-Frage von Speyer:
„Was ist eigentlich Saumagen und wo kann man ihn hier gut essen?“
Sie antwortet:
“Hab ich als Kind gerne gegessen, aber jetzt lange nicht mehr.“
Diese Anwort ist noch recht konkret, nun wird es schwammiger:
„Ist irgendwas mit Hackfleisch und Kartoffeln, zusammen gekocht im Bauch eines Schweines.“
„Hört sich lecker an!“
„Gibt es aber nicht überall. Versuchen Sie es mal in der Dombrauerei.“
Die hatte ich auch schon im Visier, also gehe ich dahin.
Ich frage Kellnerin #1 nach Inhalt und Zubereitung und bekomme eine ähnlich fragwürdige Antwort, wie im Touribüro.
Dann kommt Kellnerin #2. Stämmig und in voller Pfälzer Tracht, die muss es wissen. Fortan erklärt sie mir mit feinstem holländischen Akzent sehr detailliert, dass Fleisch, Gewürze und Kartoffeln unter Druck zusammen gekocht werden, früher in einem Saumagen, heute aber nicht mehr. Das macht bereits der Metzger. Dieser liefert dann den Saumagen wie eine große Wurst an. Hier wird er dann in Scheiben geschnitten und anschließend gegrillt.
“Lekker, lekker!”
Nun bin ich endgültig überzeugt und möchte die volle Portion. Sie haben es aber nur als “Pfälzer Platte” zusammen mit Bratwurst.
“Lassen Sie einfach die Bratwurst weg und packen stattdessen mehr Saumagen drauf.”
Gesagt, getan.
Als Ergebnis bekomme ich zwei Scheiben Saumagen auf Sauerkraut.
Die Konsistenz überrascht mich dann doch. Die Kartoffelstückchen wie erwartet, aber das “Fleisch” hat eine sehr homogene Textur wie Leberkäse, gar nicht wie Hackfleisch. Es ist kräftig gewürzt und in Kombination mit Senf einigermaßen geniessbar. Mehr aber auch nicht.
Später dann fragt mich die Kellnerin, ob ich ein Dessert möchte. Aus gegebenem Anlass frage ich:
“Haben Sie irgendwas mit Birne?”
“Mit Birne? Leider nicht. Warum soll es denn unbedingt mit Birne sein?”
Die Antwort bringt mich in Erklärungsnot.
“Äh, hm, ja, es handelt sich um sowas wie eine Wette.”
“Ach so.”
Sie geht und kommt kurze Zeit später wieder.
“Mit Birne hätten wir was für die Verdauung.”
Würde zwar auch passen, aber ich möchte heute noch 70 km radeln. Besser nicht.
Ich entscheide mich für Tiramisu und erwarte im deutschen Dombrauhaus entsprechend Schreckliches. Überraschenderweise bekomme ich aber einen schön verzierten und im Weck-Glas servierten Nachtisch, der zudem noch sehr “lekker” schmeckt.
Da kann man schon mal sagen:
“Danke Helmut!”