Aserbaidschan – das hat alles mein Papi gemacht

Baku, Aserbaidschan

132. Reisetag

6179 Kilometer

“Reisen ist das beste Mittel gehen Vorurteile”.
Hier in Aserbaidschan wird diese alte Weisheit mal wieder bestätigt. Aserbaidschan? Das ist doch Reichtum durch Öl und Gas aus dem Kaspischen Meer für wenige und Armut für viele, ganz besonders für die Landbevölkerung. Diese wird demzufolge als entsprechend übel gelaunt und unfreundlich erwartet. Dazu müssen die bedauernswerten Menschen noch in einem Land leben, dass nur aus Steppe und Wüste besteht. Ich musste, nein, ich durfte umdenken.
Der große Unterschied zu allen Länder, die ich bisher bereist habe, ist, dass dieser Staat augenscheinlich Geld hat. Wo ist das schon der Fall? In Deutschland jedenfalls nicht! Hier sind die Straßen in gutem Zustand, die Städte sauber, die Parks und öffentlichen Anlagen perfekt gepflegt. Auf meiner Fahrt durch die Dörfer fallen mir die außergewöhnlich vielen, modernen Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser auf. Sehr erstaunlich. Zudem sieht man kaum ärmliche Behausungen, wie sie im Kaukasus viel anzutreffen sind. Es sieht so aus, als wenn es ein staatliches Programm zum Bau neuer Häuser auf dem Land gibt, denn es existieren zwei Standard-Bauten, ein- und zweistöckig. Alle habe die gleiche Farbe, eine Veranda und Flügelfenster. Die Leute bauen die Häuser selber. Sehr interessant.

Die größte Überraschung in Aserbaidschan aber sind die Menschen. Freundliche Menschen habe ich bisher überall getroffen, aber hier werde ich überall überschwänglich, fast enthusiastisch empfangen. Kinder begleiten mich auf ihren Rädern durch die Dörfer, Erwachsene rufen in einer Tour “Welcome!”, winken hupen, schenken mir Wasser, Brot, Früchte. Es ist schier überwältigend.

Unerwartet auch die Landschaft. Ich wähle die nördliche, weil schönere Route von Georgien nach Baku. Sie führt entlang des Großen Kaukasus durch wunderschöne, grüne Landschaften mit kilometerlangen Alleen und sehr guten Einkehrmöglichkeiten. Herrlich. Die letzten 100km dann die erwartete Steppe und Wüste. Und auch hier sind die staatlichen Programme offensichtlich. Im großen Stil wird versucht, die Landschaften zu begrünen. Riesige Gebiete entlang der Straßen werden mit Bäumen und Sträuchern versehen, viele Menschen arbeiten hier.

In Baku allerdings, findet man dann alle Klischees eines reichen Ölstaates bestätigt. Prestigegebäude, Prestigeautos, alles teuer, alles groß. Nicht meine Welt. Die Altstadt allerdings ist noch sehr ursprünglich. Sie hat das Glück, ein UNESCO Weltkulturerbe zu sein.

Sehr lächerlich dagegen ist der dümmliche Personenkult, der um den ehemaligen Präsidenten und Vater des jetzigen Präsidentchens gemacht wird. Der Sohnemann muss mächtig stolz auf seinen Papi sein, denn in jedem Ort, und auch dazwischen, hängen riesige Plakate und stehen große Statuen vom Papa. So wird schon dadurch für jedermann offensichtlich, dass es in diesem Staat keine lupenreine Demokratie gibt.

Und dass es einem Staat eher nicht zuträglich ist, wenn das Söhnchen in die Fußstapfen von Papi-Präsident tritt, wissen wir ja alle spätestens seit George W. B…. !