Start der Reise
Fuhlendorf, Mecklenburg-Vorpommern / Deutschland

09.07.2023
  
  : 24°C
Fuhlendorf, Mecklenburg-Vorpommern / Deutschland

Es ist Sonntagmorgen, frühe 6 Uhr 30 und ich kann nicht so recht glauben, was ich da sehe.
Auf dem Weg zum Bahnhof Düsseldorf-Flughafen ist auf Höhe des Grünen Sees der gemeinsame Fuss-/Radweg recht breit und er wird vor mir eingenommen von zwei nebeneinander laufenden Großmütterchen, die ihre Rollatoren vor sich her schieben. Dahinter eine etwas jüngere Dame, gut zu Fuß, sagen wir mal die Betreuerin. Als ich näher komme, klingele ich kurz und schon gibt die Dame ein Kommando nach vorne. Die linke Rollatorin läßt sich daraufhin zurückfallen und ich kann passieren. Da merke ich, dass die beiden Omis ihre Rollatoren nicht einfach nur schieben, sondern in einem gefühlten Affenzahn vor sich her treiben. Die machen hier scheinbar sowas wie Rollator-Power-Walking und die Betreuerin ist in Wirklichkeit ihre Trainerin. Was für ein Anblick!
Und das Beste ist, ihre Sportkleidung sieht nicht etwa so aus wie die dieser Mitte/Ende-30-Mütter, die, nachdem sie ihre Kleinen per Elterntaxi bei Schule oder Kita abgeliefert haben, ab 8 Uhr voll gestylt, ohne Unterbrechung redend und mit am Boden schleifenden Nordic Walking Stöcken das angrenzende Naherholungsgebiet bevölkern.
Nein, meine beiden Großmütterchen tragen Kittel!
Erst letztens lief im TV eine Sendung von über die Zeit verlorengegangenen Dingen, wie zum Beispiel das Wählscheibentelefon. Und leider zählte auch der gute alte bunt geblühmte Hausfrauen-Kittel dazu.
Hier aber in Ratingen am Grünen See stemmen sich zwei alte Schachteln (nett gemeint!) im wahrsten Sinne des Wortes mit aller Kraft gegen das Aussterben und Vergessen dieses einmaligen Kleidungsstückes.
Beim Überholen verzichte ich auf motivierende Anfeuerungsrufe und bedanke mich lieber artig bei den ordentlich schnaufenden und schwitzenden Omis.

Eine weitere Überraschung erlebe ich dann bei der anschließenden Bahnfahrt. Ich erwartete eigentlich keinen großen Betrieb so früh am Sonntagmorgen. Stattdessen werden die Züge bevölkert von Scharen Jugendlicher, die sich in den unterschiedlichsten Aggregatzuständen befinden, von total aufgeputscht bis maximal schläfrig. Nach scheinbar durchzechter Nacht in Köln, Düsseldorf oder Essen geht es für sie jetzt nach Hause und ins Bett. Ich gönne es ihnen.

Schließlich in Ribnitz-Dammgarten-West angekommen, darf ich die letzten Kilometer auf dem Fahrrad und bei herrlichem Wetter zum Tagesziel Fuhlendorf fahren.

Heute gefahren: 23 km und 42 hm
Übernachtung: Couch Surfing bei Bruder Joachim.

Wetteraussichten: Starker Regen. Wind mit 29 km/h aus westlicher Richtung, Böen bis 43 km/h. Tagestemperatur zwischen 18°C und 22°C, Nachttemperatur 18°C. Regenwahrscheinlichkeit: 100 %, Regenmenge: 12.77 mm.
10.07.2023
  
  : 20°C
Fuhlendorf, Mecklenburg-Vorpommern / Deutschland

Vormittags ordentlicher Platzregen. Nachmittags schön, also raus zur kleinen Radtour. Das Ziel ist klar, denn Ulrike hat Lust auf Eis und sie spendiert eine Runde. Wir landen in einer guten Eisdiele im Hafen von Barth. Als wir uns einen Tisch draussen ausgesucht haben und uns setzen wollen, kommt die sehr nette junge Kellnerin und erklärt uns, dass dieser und andere Tische daneben nicht belegt werden sollen, denn sie ist heute allein und kann sich leider nicht um so viele Tische kümmern. Höflich bittet sie uns, weiter am Eingang Platz zu nehmen, was wir natürlich tun.

In mir ruft dies Erinnerungen an frühere, weniger freundliche Behandlungen bei Besuchen von Restaurants in der DDR wach. Beispiel: Man betritt ein staatliches Restaurant (es gab auch private), es wird platziert, die Hälfte aller Tische unbesetzt. Der abweisende, schlecht gelaunte Kellner teilt einem mit, dass kein Tisch frei sei. Keine Diskussion möglich. Auf Wiedersehen. So schützte sich der Kellner im sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat vor Überarbeitung.

Aber auch heutzutage sind nicht alle Bedienungen so nett, wie unsere Kellnerin.
In Prora auf Rügen bestellten Wolfgang und Ulrike vor einiger Zeit mal in einer Eisdiele zwei recht teure Eisbecher. Ihr Wunsch, die Eissorten auszuwählen, wurde beantwortet mit: „Das bestimmen immer noch wir!“ Nach Protest und Rücksprache mit dem Chef wurde dann doch noch die Auswahl genehmigt. Immerhin.

Und im Westen?
Im schönen Gartencafé bestellst du einen Kaffee.
Antwort: „DRAUSSEN NUR KÄNNCHEN.“
Und jetzt versuch hier mal, nur ne Tasse zu bekommen.
VIel Glück.

Heute gefahren: 26 km und 40 hm
Übernachtung: Zweite Nacht in „Panama“.
Wetteraussichten: Bedeckt. Wind mit 29 km/h aus süd-östlicher Richtung, Böen bis 50 km/h. Tagestemperatur zwischen 16°C und 25°C, Nachttemperatur 20°C. Regenwahrscheinlichkeit: 0 %, Regenmenge: n.a.
11.07.2023
  
  : 24°C
Fuhlendorf, Mecklenburg-Vorpommern / Deutschland

Heute haben wir dieses lustige In-einer-Reihe-aufgestellte-Dominosteine-fallen-nacheinander-um-Spiel gespielt. Genauer gesagt, Wolfgang hat das getan. Das Ganze in einer kreativ von ihm abgewandelten, für ihn aber sehr typischen Version. Und die geht so:
Wieder mal besuchen wir eine Eisdiele und steuern einen schönen freien Tisch im Schatten an. Am Nachbartisch sehen wir vier ältere Herrschaften sitzen, zwei Opas und zwei Omas. Opa 1 hat zwei Krücken neben sich an den Stuhl gelehnt. Zielgerichtet läuft Wolfgang auf diese zu. Ich sehe das so, dass in den nun folgenden Sekunden der leidenschaftliche Fußballer in Wolfgang mit ihm durchgegangen sein muss, denn er verpasst den Krücken ganz geschmeidig einen leichten Stoß, so als wolle er sie vorsichtig zum Torwart zurückspielen. Noch bevor er seinen Irrtum bemerkt, nimmt das Schicksal seinen Lauf. Krücke stößt gegen Tisch, Tisch gegen Untertasse, Untertasse gegen Kaffeetasse, Kaffeetasse macht einen Salto, Riesensauerei. Tolles Eigentor Wolfgang! Der Kaffee ergiesst sich über den kompletten Tisch und dort von an allen vier Seiten auf den Boden. Ein Kellner kommt, beseitigt Wolfgangs Ergebnis seines Fehlpasses und wir beruhigen die Senioren mit einem freundlichen: „Der macht das immer so!“.
Oma 1 mault noch ein bisschen: „Er hatte erst einen kleinen Schluck davon getrunken.“
Also bezahlen wir ihnen einen Ersatzkaffee, dann muss es aber auch gut sein.

Später erzählt uns Wolfgang, wie er mit einer ähnlichen Taktik beinahe mal eine Silvesterparty gesprengt hat.
Das bleibt aber unter uns.

Heute gefahren: 45 km und 26 hm
Übernachtung: Dritte Nacht in „Panama“.

Wetteraussichten: Mäßiger Regen. Wind mit 36 km/h aus westlicher Richtung, Böen bis 54 km/h. Tagestemperatur zwischen 17°C und 22°C, Nachttemperatur 17°C. Regenwahrscheinlichkeit: 100 %, Regenmenge: 6.56 mm.
12.07.2023
  
  : 21°C
Fuhlendorf, Mecklenburg-Vorpommern / Deutschland

Endlich mal ein Tag ohne irgendwelche Vorfälle in einer Eisdiele. Vorsichtshalber haben wir nämlich erst gar keine aufgesucht. Stattdessen eine schöne Radtour um die südliche Hälfte des Bodstedter Bodden mit abschliessender Bootsfahrt. Sehr empfehlenswert. Den letzten Abend des kleinen Familientreffens verbringen wir im Restaurant im Bodstedter Hafen, da unser Stammlokal für diesen Anlass, das „Nordlicht Harmonie“, heute geschlossen hat. Essen, Service alles bestens, kann man nächstes Jahr nochmal hingehen.

Und auch Wolfgang zeigte sich heute wieder mal von seiner hilfsbereiten und sensiblen Seite, z.B. hier:
Nach der Fahrradtour klagte Ulrike auf der Bootsfahrt über einen verspannten Nacken.
Wolfgang: „Soll ich dich ein wenig massieren?“
Ulrike: „Du verschlimmbesserst das nur!“
Wolfgang: „Ach, ein paar Nackenschläge können nicht schaden.“
Aber auch dieses Angebot wurde abgelehnt.
Versteh einer die Welt.

Heute gefahren: 48 km und 244 hm
Übernachtung: Vierte Nacht in „Panama“.

Wetteraussichten: Ein paar Wolken. Wind mit 29 km/h aus westlicher Richtung, Böen bis 40 km/h. Tagestemperatur zwischen 15°C und 21°C, Nachttemperatur 17°C. Regenwahrscheinlichkeit: 29 %, Regenmenge: n.a.
13.07.2023
  
  : 21°C
Altefähr, Mecklenburg-Vorpommern / Deutschland

Morgens gibt es noch vor dem Frühstück zum ersten Kaffee und Tee den Yogi-Spruch des Tages. Dieser befindet sich auf dem Papierschnipsel meines ayurvedischen Yogi-Kräuterteebeutels. Der heutige Spruch lautet: “Jede Person, der du begegnest, kann dein Lehrer sein.“ Anschliessend gleichen wir diese Weisheit mit dem praktischen Leben ab. Heute fällt das besonders leicht, denn wir haben mit Wolfgang einen „echten“ Sportlehrer dabei. Und schon ganz bald sollte er Gelegenheit bekommen, sein profundes Profi-Fachwissen unter Beweis zu stellen…
Zuvor aber stellt Aki bei der Zubereitung des Frühstück-Rühreis an einem praktischen Beispiel fest, dass wir alten Säcke auch von unseren Kindern noch einiges lernen können. So soll Rührei erst nach der Zubereitung gesalzen werden, sonst kann es grau werden. Hat er von seinem Sohn Daniel. Wir probieren es aus, es stimmt. Daniel und Yogi haben also recht!

Beim Frühstück dreht sich die Diskussion um Yoga und Pilates. Ulrike kennt den Unterschied nicht und wir Jungs können auch nicht wirklich helfen.
Überhaupt bezweifeln wir, dass Wolfgang irgendwelche Yogafiguren, wie z.B. den herabschauenden Hund, kennt.
Aki: „Welche Figur kennst du denn?“
Wolfgang: „Die verunglückte Kröte.“
Aki: „Wie geht die denn?“
Wolfgang: „Schmeiss dich da hin und bleib liegen.“
Wir sind beeindruckt ob dieser unerwarteten Kompetenz!

Nach dem Frühstück heisst es Abschied zu nehmen. Wolfgang und Ulrike kehren nach Hause zurück und ich mache mich auf den Weg durch Ostdeutschland.

Die erste Etappe nach Stralsund ist traumhaft, der Ostseeradweg hier wunderwunderschön.

Heute gefahren: 62 km und 413 hm
Übernachtung: Kleiner, sehr ruhiger Campingplatz in schöner Lage. 16 Euro.


Wetteraussichten: Leichter Regen. Wind mit 22 km/h aus westlicher Richtung, Böen bis 36 km/h. Tagestemperatur zwischen 13°C und 21°C, Nachttemperatur 17°C. Regenwahrscheinlichkeit: 34 %, Regenmenge: 0.16 mm.
14.07.2023
  
  : 23°C
Demmin, Mecklenburg-Vorpommern / Deutschland

Irgendwo halte ich an, um mich etwas zu orientieren. Die Unterarme auf dem Lenker abgelegt, in den Händen das Handy, Kopf nach vorn gebeugt darüber. Hinter mir hält ein Auto mit zwei Frauen drin. Da bemerke ich, daß ich die Zufahrt zu einem Parkplatz versperre. Also mache ich Platz und verlagere mich ein Stück weiter weg und orientiere mich weiter. Da kommt eine der beiden Frauen vom Parklatz zurück und fragt, ob es mir gut geht, ob ich Hilfe brauche. Scheinbar war meine nach vorn gebeugte Haltung für sie besorgniserregend. Ich verneine natürlich, bedanke mich herzlich und bin baff erstaunt ob dieser Fürsorge. Dann fahre ich los und stelle fest, daß der Parkplatz zu einem Altenheim gehört. Vielleicht dachten die Damen, ich gehöre zur Kundschaft?
Nein, nein, Mädels, noch nicht, noch nicht!

Die Fahrt durch den Süden Rügens erinnert sehr an Dänemark, leicht hügelige, liebliche Landschaft mit viel Getreidefeldern. An manchen steht sogar dran, was angebaut wird, z.B. Gerste für eine lokale Biermarke. Die Tagesetappe endet an der schönen Peene, auch so ein Sehnsuchtsflüsschen, das man mal bepaddeln könnte. Standesgemäß schlage ich mein Zelt auf einem schönen Wasserwanderrastplatz auf.

Heute gefahren: 83 km und 467 hm
Übernachtung: Schönes Plätzchen für günstige 7 Euro.
Wetteraussichten: Leichter Regen. Wind mit 25 km/h aus westlicher Richtung, Böen bis 50 km/h. Tagestemperatur zwischen 16°C und 34°C, Nachttemperatur 21°C. Regenwahrscheinlichkeit: 45 %, Regenmenge: 0.14 mm.
15.07.2023
  
  : 32°C
Malchin, Mecklenburg-Vorpommern / Deutschland

Morgens nach dem Frühstück komme ich mit einem älteren Kanuwandererpärchen ins Gespräch. Sie paddeln die Peene entlang bis nach Anklam, täglich 15 bis 20 km. Früher haben sie viele Radtouren gemacht und so geben sie mir einige Tipps. Ihr Vorschlag für mich: Havelradweg, dann Spree, dann Saale, dann Unstrut, dann auf neuem Radweg über den Hainch (das Mittelgebirge zwischen Thüringen und Hessen), von dort runter zur Werra. Voilà.
Heute nur eine Mini-Mini-Etappe, denn der Gegenwind war heftig und die Sonne knallte ordentlich. Dann kam der Kummerower See mit Campingplatz, Badestrand und Restaurant. Da konnte ich nicht dran vorbeifahren.

Heute gefahren: 27 km und 222 hm
Übernachtung: Kleiner Campingplatz in schöner, ruhiger Lage für 10 Euro.
Wetteraussichten: Mäßiger Regen. Wind mit 29 km/h aus süd-westlicher Richtung, Böen bis 47 km/h. Tagestemperatur zwischen 17°C und 27°C, Nachttemperatur 17°C. Regenwahrscheinlichkeit: 100 %, Regenmenge: 4.73 mm.
16.07.2023
  
  : 25°C
Röbel, Mecklenburg-Vorpommern / Deutschland

Heute Nacht hat es mal ordentlich geregnet. Immer wenn ich mal wach war, prasselte der Regen auf das Zelt. Gemütlich. Morgens erfahre ich, dass es auch kräftig gewittert hatte. Hab ich glatt verpennt.
Der Wind immer noch heftig. Bis zu 50 km/h Gegenwind waren unterwegs etwas un-entspannend, zumal die Landschaft hier sehr hügelig ist und es ständig auf und ab geht. Eigentlich wollte ich deswegen schon in Waren an der Müritz mein Zelt aufschlagen. Dort war aber ein Riesentrubel, Stadtfest oder sowas, mit mehreren Bühnen und allem drum und dran. Also weiter nach Röbel. Hier einen tollen Zeltplatz erwischt. Bleibe einen weiteren Tag zur Entspannung.

Heute gefahren: 63 km und 843 hm
Übernachtung: Zelten zwischen Fahrradweg und See unter großen schattenspendenden Bäumen. Was will man mehr? 17 Euro und 2 Euro Kurtaxe!
Wetteraussichten: Leichter Regen. Wind mit 25 km/h aus süd-westlicher Richtung, Böen bis 43 km/h. Tagestemperatur zwischen 13°C und 25°C, Nachttemperatur 13°C. Regenwahrscheinlichkeit: 63 %, Regenmenge: 0.59 mm.
17.07.2023
  
  : 23°C
Röbel, Mecklenburg-Vorpommern / Deutschland

Vor über 30 Jahren, kurz nach dem Mauerfall, haben wir hier mal eine einwöchige Kanutour gemacht. Start in Röbel, Ziel Rheinsberg. Wir haben damals sehr gehofft, dass diese schöne Landschaft nicht eines Tages mit Hotelburgen zugepflastert wird. Und heute kann ich sagen, es ist wirklich nicht passiert. Die Ufer immer noch unbebaut. Inzwischen ist hier alles Naturpark oder sogar Naturschutzgebiet, das verhindert einiges. Was aber vom Wasser her sehr auffällt, sind die vielen neuen großen Sportboothäfen. Na gut, damit kann man leben.
Nach einem schönen Entspannungstag geht es morgen weiter durch die Mecklenburgische Seenplatte.

Übernachtung: Zweite Nacht auf dem schönen Campingplatz in Röbel.
Wetteraussichten: Bedeckt. Wind mit 18 km/h aus westlicher Richtung, Böen bis 43 km/h. Tagestemperatur zwischen 11°C und 23°C, Nachttemperatur 15°C. Regenwahrscheinlichkeit: 71 %, Regenmenge: n.a.
18.07.2023
  
  : 23°C
Wesenberg, Mecklenburg-Vorpommern / Deutschland

Eine Station auf unserer damaligen Paddeltour war Mirow. Also musste ich da auch noch mal vorbei. Vom See aus paddelte wir damals auf die Schlossinsel zu, legten an und stapften durch Schilf zu dem kleinen Dorf. Damals gab es dort kein einziges Geschäft mehr. Der alte DDR-Konsum war schon geschlossen und Neues war noch weit davon entfernt, errichtet zu werden. Heute gibt es eine kleine, zurückhaltende touristische Infrastruktur und immer noch einige Gebäude im original DDR-Zustand. Die kleine leblose Strasse aber, die wir damals entlang gelaufen sind, ist heute eine Durchgangsstrasse mit viel Lastwagenverkehr. Kein Wunder also, dass hier an vielen Stellen Unmut darüber gezeigt wird.

Heute gefahren: 69 km und 480 hm
Übernachtung: Und wieder ein schöner, sehr abgelegener, naturnaher Campingplatz für 9,77 Euro inkl. Kurtaxe. Endlich mal viel mehr Zelte als Wohnmobile, da viele Wasserwanderer hier ihr Zelt aufschlagen.
Wetteraussichten: Leichter Regen. Wind mit 11 km/h aus nord-westlicher Richtung, Böen bis 14 km/h. Tagestemperatur zwischen 13°C und 21°C, Nachttemperatur 13°C. Regenwahrscheinlichkeit: 75 %, Regenmenge: 2.57 mm.
19.07.2023
  
  : 18°C
Zehdenick, Brandenburg / Deutschland

Der Havel-Radweg, dem ich inzwischen folge, ist einfach göttlich (wer sich über diese für mich ungewöhnliche Wortwahl wundert, die Fotos geben Aufschluss). Pause am schönen Großen Stechlinsee, an dem unsere Großeltern und Eltern vor dem Krieg schon ihre Sommerfrische verbrachten und in dem Gaby und ich nach der Wende bereits na… gebadet haben.
Es gibt viel zu sehen und zu erleben auf diesem Radweg. Ständig fährt man über Brücken, Schleusen oder an See-Ufern entlang. Aber es bleibt dabei, am meisten vom See sieht man immer noch auf dem See. Also vielleicht doch noch mal eine Paddeltour.
Leider gibt es auch weniger Schönes, ja Bedrückendes zu entdecken, so zum Beispiel mehrere ehemalige Konzentrationslager in Ravensbrück.
Mich beschleicht immer ein unschönes Gefühl, wenn man an einem KZ vorbeikommt, von dem ich noch nie vorher gehört habe. Irgendwie peinlich. Die großen Vernichtungslager wie Auschwitz oder Buchenwald kennt man natürlich, aber es wird leicht vergessen, daß die Nazis ja nicht nur Millionen von Menschen dorthin gen Osten deportiert haben, sondern auch in umgekehrter Richtung, vorwiegend aus Polen und der Ukraine eine riesige Anzahl von Menschen als Zwangsarbeiter gen Westen deportiert haben. In Ravensbrück waren es über 130.00 überwiegend Frauen, die hier u.a. auch in einem gesonderten Bereich, dem „Siemenslager“, Fernsprecher herstellen mussten. Es ist grausam, wenn man das alles liest und doch so wichtig, daß dies nicht in Vergessenheit gerät.

Heute gefahren: 80 km und 600 hm
Übernachtung: Naturnaher Nur-Zeltplatz am Wasserturm mit Lounge für 18 Euro.
Wetteraussichten: Mäßig bewölkt. Wind mit 22 km/h aus nord-westlicher Richtung, Böen bis 29 km/h. Tagestemperatur zwischen 11°C und 21°C, Nachttemperatur 13°C. Regenwahrscheinlichkeit: 88 %, Regenmenge: n.a.
20.07.2023
  
  : 20°C
Berlin-Siemensstadt, Berlin / Deutschland

Bye, bye schönes Mecklenburg-Vorpommern. Kurz durch Brandenburg, jetzt in Berlin. Immer auf allerbesten Radwegen. Von dem außergewöhnlich interessanten Havel-Radweg muss ich mich nun also auch verabschieden. Aber es wartet ja schon der Spree-Radweg, der mir schon vor 12 Jahren von einem netten Radler-Pärchen ans Herz gelegt wurde. Bin gespannt.

Heute gefahren: 79 km und 421 hm
Übernachtung: Berlin-City-Camping. Wieder sehr schön am Wasser gelegen und sogar mit Biergarten. Dazu gutes Wetter. Mehr brauchts nicht. 18 Euro.
Wetteraussichten: Leichter Regen. Wind mit 14 km/h aus westlicher Richtung, Böen bis 25 km/h. Tagestemperatur zwischen 13°C und 22°C, Nachttemperatur 14°C. Regenwahrscheinlichkeit: 41 %, Regenmenge: 0.11 mm.
21.07.2023
  
  : 21°C
Spreenhagen, Brandenburg / Deutschland

Durch Berlin zu fahren ist immer wieder interessant. Am Wochenende dort große Party. Die Strasse des 17. Juni war deshalb mal wieder für Autos gesperrt. Irgendwie ist die fast immer gesperrt, wenn ich mit dem Fahrrad da bin. Einmal gab es Rudelgucken während der Fußball-WM und beim letzten Mal sogar Sperrung wegen uns ca. 50 Verkehrswende-Demonstranten.
Bei der weiteren Fahrt erschien dann auf einmal ein Wegweiser nach Grünheide. Grünheide? Da war doch was. Klar, die Tesla-Giga-Factory. Den Abstecher hab ich mir gegönnt. Die Fabrik ist absolut riesig und die Infrastruktur dazu gigantisch. Und es wird beides noch weiter ausgebaut.
Für die Übernachtung hatte ich mir einen Wasserwanderer-Platz mit nahem Restaurant ausgeguckt. Dann war der Zeltplatz aber aus Sicherheitsgründen gesperrt. Liegt es an der Löwin, die zurzeit Brandenburg unsicher macht? Eher nicht. Jedenfalls umgekehrt zu einem anderen Paddlerplatz, den ich unterwegs schon gesehen hatte. Hier gibt es als einzige Infrastruktur ein Dixi-Klo, kein Trinkwasser.
Glücklicherweise hatte ich genug Wasser dabei und konnte abends noch schön kochen. Aber wie den Topf danach reinigen, ohne kostbares Wasser zu verschwenden? Der Profi-Tipp geht so: Man pinkelt in den Topf und lässt alles gut einweichen. Dann ausgiessen und den nun sauberen Topf mit ganz wenig Wasser ausspülen. Fertig.
Ich habs nicht gemacht, aber ihr könnt das zuhause ja mal ausprobieren und dann berichten.

Heute gefahren: 90 km und 282 hm
Übernachtung: Heute Übernachtung für 0 Euro.
Wetteraussichten: Bedeckt. Wind mit 22 km/h aus westlicher Richtung, Böen bis 36 km/h. Tagestemperatur zwischen 13°C und 23°C, Nachttemperatur 16°C. Regenwahrscheinlichkeit: 84 %, Regenmenge: n.a.
22.07.2023
  
  : 22°C
Wendisch Rietz, Brandenburg / Deutschland

Eigentlich müßte es wohl Spreewaldradweg lauten, denn gefühlt 80 der 91 Kilometer heute verliefen durch Wald. Ist zwar schön, wäre aber etwas langweilig gewesen, wenn nicht ein Erlebnis mit einem -sagen wir- ungewöhnlichen Mitmenschen die Eintönigkeit unterbrochen hätte.
Und das kam so.
Der Radweg führt mich durch das sehr kleine Dorf Neubrück. Eigentlich besteht es nur aus einer Straße. Am Anfang eben dieser fällt mir ein Haus auf, dessen Fenster mit allen möglichen wertvollen Infos für Coronaleugner zugeklebt sind. Na gut, das kennt man, das fotografiere ich nicht.
Dann kommt ein Plakat der AfD, auf dem für „unsere schöne Heimat“ geworben wird: „Landschaft statt Windräder!“ Wo bin ich denn hier gelandet?
Zu allem Überfluss, aber irgendwie auch stimmig für diese Straße, weht dann ein paar Meter weiter die alte Reichsfahne vor einem Haus.
Jetzt reichts aber! Zeit für einen Fotostopp und meine freiheitlich demokratische Grundhaltung zur Anwendung zu bringen. Ich fotografiere so ein kleines Deutsches-Reich-Schild an dem Eingang, da kommt sofort ein dicker, bulliger Hund zum Törchen und bellt mich an. Ich kenn mich nicht aus mit Hunden, aber irgend so ein geächtetes Kampftier muss es wohl sein. Kurz danach kommt sein Führerchen, ebenso bullig und in fleckiger Jogginghose. Sehr ungehalten fragt er:
„Wat wollense?“
Als kultivierter Mensch und in einwandfreier Kleidung antworte ich in freundlichem Ton:
„Mein Name ist Karl Marx. Ich komme im Auftrag der Neuen Kommunistischen Partei Ostdeutschlands. Schön, daß ich Sie persönlich antreffe. Wir erstellen zurzeit eine Liste von unerwünschten Personen, die wir unmittelbar nach unserer Machtübername erschiessen werden.“
„Wat???“
„Auf Wiedersehen.“
Auf meiner Weiterfahrt denke ich, der Reichsbürger ist nicht nur ungepflegt und unhöflich, sondern auch noch strohdoof. War doch wirklich nicht schwer zu verstehen, oder?
Egal, ich hab ihn auf meiner Liste.

Heute gefahren: 91 km und 245 hm
Übernachtung: Wunderbarer Zeltplatz am See für 12,50 Euro.
Wetteraussichten: Bedeckt. Wind mit 32 km/h aus westlicher Richtung, Böen bis 61 km/h. Tagestemperatur zwischen 16°C und 28°C, Nachttemperatur 19°C. Regenwahrscheinlichkeit: 0 %, Regenmenge: n.a.
23.07.2023
  
  : 27°C
Burg (Spreewald), Brandenburg / Deutschland

Also den Havelradweg kann ich uneingeschränkt empfehlen, bei dem Spreeradweg tue ich mich da schwerer. Heute ging es viel über Deiche und Schotterstrecken, beides nicht besonders erquicklich. Der Spreewald aber, in dem ich mich jetzt befinde, ist wunderschön. Durchzogen von vielen kleinen Kanälen und Seitenarmen mit kleinen Brücken nur für Fussgänger und Radfahrer, alles sehr angenehm. Auffallend auch, daß hier nun alle Wegweiser zweisprachig sind, deutsch und sorbisch. Interessant, daß ausgerechnet die DDR sich sehr um den Erhalt der sorbischen Sprache gekümmert hat. Hätte ich nun wirklich erwartet.

Heute gefahren: 65 km und 94 hm
Übernachtung: Guter Campingplatz für 10,50 Euro inkl. Kurtaxe. Also günstig.
Wetteraussichten: Leichter Regen. Wind mit 25 km/h aus süd-westlicher Richtung, Böen bis 47 km/h. Tagestemperatur zwischen 18°C und 30°C, Nachttemperatur 18°C. Regenwahrscheinlichkeit: 51 %, Regenmenge: 0.11 mm.
24.07.2023
  
  : 26°C
Bagenz, Brandenburg / Deutschland

Nur eine relativ kurze Etappe heute, denn zum einen sind die Zeltplätze auf dem Weg nach Bautzen nur spärlich gesät und zum anderen geht es dorthin von nun an nur noch Richtung Süden. Und genau von daher kam heute mal wieder kräftiger Wind. Bei der Fahrt durch den Wald war ich froh, einen Helm auf dem Kopf zu haben, denn es fiel ordentlich was von den Bäumen runter. Morgen soll der Wind drehen und dann geht es auf eine längere Etappe durch die Lausitz nach Bautzen, hoffentlich mit Rückenwind.
Mittags Einkehr im Café Lauterbach, das es schon seit 1900 in Cottbus gibt. Leckere Gurkensuppe, was ganz lokales. Überhaupt hat mich die Innenstadt von Cottbus überrascht. Erstaunlich groß, viel Aussengastronomie, gut besucht und wenig Leerstand bei den Geschäften. Vermutlich liegt es an dem großen Einzugsgebiet.
Nachmittags dann auf dem schönen Campingplatz ein Bad in der Spree, die hier durch eine Talsperre zu einem großen See aufgestaut ist.

Heute gefahren: 54 km und 138 hm
Übernachtung: Einwandfreier Campingplatz für 15 Euro.

Wetteraussichten: Leichter Regen. Wind mit 14 km/h aus süd-westlicher Richtung, Böen bis 36 km/h. Tagestemperatur zwischen 13°C und 16°C, Nachttemperatur 13°C. Regenwahrscheinlichkeit: 97 %, Regenmenge: 3.83 mm.
25.07.2023
  
  : 20°C
Ortrand, Brandenburg / Deutschland

War extra eine Stunde früher aufgestanden, um vor dem angekündigten Regen in Bautzen zu sein. Es ging flott voran, sodass ich mir sogar eine Frühstückseinkehr in Spremberg gönnte. Mittags hatte ich bereits 45 km hinter mich gebracht und realisierte, dass ich viel zu früh in Bautzen ankommen würde. Also kurzerhand umdisponiert. Eigentlich wollte ich morgen von dort mit dem Zug über Dresden und Leipzig nach Halle an der Saale fahren. Jetzt fahre ich doch mit dem Fahrrad nach Halle. Also neues Ziel in 65 km Entfernung Richtung Halle ausgeguckt. Unterwegs einige Tücken (siehe Fotos) und dann hat mich die letzten zwei Stunden natürlich auch noch der Regen erwischt. Am Zeltplatz machte das Bistro wegen der Wetterlage dummerweise früher zu. Also dann unter einem Sonnenschirm als Regenschutz noch den Kocher angeworfen. Jetzt im Zelt ist es aber bei dem Regenp sehr gemütlich. Das entschädigt für die kleinen Strapazen.

Heute gefahren: 112 km und 313 hm
Übernachtung: Zeltplatz vom Feinsten, z.B. mit Einzelwaschkabinen, aber mit 20 Euro sehr teuer.
Wetteraussichten: Mäßiger Regen. Wind mit 22 km/h aus westlicher Richtung, Böen bis 40 km/h. Tagestemperatur zwischen 11°C und 21°C, Nachttemperatur 15°C. Regenwahrscheinlichkeit: 99 %, Regenmenge: 2.89 mm.
26.07.2023
  
  : 19°C
Schildau, Sachsen / Deutschland

Schöne Fahrt über Land, oft auf überraschend guten Radwegen. Überhaupt wird viel für den Radtourismus getan. Auch die Städte und Dörfer alle in rausgeputztem Zustand. Nach Überquerung der Elbe bin ich dann auch mal ein Stück des Elbe-Radweges gefahren. Wenn ich schon mal da bin ...
Abends ein kleines Déjà-vu. Das Bistro des Seebades meiner Camping Location früh geschlossen, also wieder den Kocher angeworfen. Diesmal allerdings bei schönem Wetter.

Heute gefahren: 84 km und 264 hm
Übernachtung: Kleiner städtischer Zeltplatz, wieder mit sehr guten Einzelwaschkabinen und mit 12,50 Euro nicht zu teuer.

Wetteraussichten: Mäßiger Regen. Wind mit 22 km/h aus süd-westlicher Richtung, Böen bis 47 km/h. Tagestemperatur zwischen 10°C und 22°C, Nachttemperatur 15°C. Regenwahrscheinlichkeit: 100 %, Regenmenge: 4.47 mm.
27.07.2023
  
  : 17°C
Halle, Sachsen-Anhalt / Deutschland

Eigentlich darf man sich da ja nicht beschweren, denn man weiß ja, daß man, wenn man gen Westen fährt, es meist mit Gegenwind zu tun hat. Und seitdem ich vor drei Tagen von der Spree rechts abgebogen bin, blies mir der Wind über 230 km lang ungewöhnlich heftig ins Gesicht. Nachdem gestern schon Regen dazu kam, wurde es heute mal so richtig nass. Ab Mittag fuhr ich in voller Regenmontur, mit Gamaschen und allem drum und dran. In Halle angekommen, entschied ich mich, mal nicht zu zelten, sondern suchte mir ein sehr zentral gelegenes Hotel, wo ich zwei Nächte bleiben werde.
Abends dann beim Italiener sitzen am Nachbartisch drei Männer, die gerade ihr Bier bekommen, ein Pils, ein Naturtrübes und ein Dunkles. Verwundert bemerken sie, daß alle Biere schal, ohne Kohlensäure, sind. Als sie das beim Kellner bemängeln, fragt dieser, ob sich einer der drei Herren zufällig mit Zapfanlagen auskenne, denn da gäbe es wohl ein Problem. Und tatsächlich outet sich einer als möglicherweise kompetent und verschwindet mit dem Kellner hinter der Theke. Kurze Zeit später gibt es drei frisch gezapfte, prickelnde Biere.
Erinnert mich an unser Erlebnis in Dublin, als der Aushilfs-Barkeeper sich nicht zutraute, ein schönes Guiness zu zapfen und ich selber zur Tat schreiten durfte.
Aber das ist eine andere Geschichte.

Heute gefahren: 84 km und 418 hm
Übernachtung: Schönes Einzelzimmer im Schweizer Hof für faire 50 Euro.
Wetteraussichten: Mäßiger Regen. Wind mit 29 km/h aus westlicher Richtung, Böen bis 47 km/h. Tagestemperatur zwischen 17°C und 24°C, Nachttemperatur 18°C. Regenwahrscheinlichkeit: 82 %, Regenmenge: 6.99 mm.
28.07.2023
  
  : 24°C
Halle, Sachsen-Anhalt / Deutschland

Heute einen sehr erholsamen Tag in Halle verbracht. Die Innenstadt bei ein paar relaxten Spaziergängen erkundet. Danach war ich von ihr so angetan, daß ich mein Hotelzimmer gleich um einen weiteren Tag verlängert habe. Die „richtige“ Besichtigung erfolgt aber erst morgen bei zwei Stadtführungen, eine durch die Altstadt und eine ausschließlich für den Dom. Es geht also erst am Sonntag weiter.

Übernachtung: Zweite Nacht im Schweizer Hof.
Wetteraussichten: Mäßiger Regen. Wind mit 29 km/h aus westlicher Richtung, Böen bis 40 km/h. Tagestemperatur zwischen 16°C und 26°C, Nachttemperatur 17°C. Regenwahrscheinlichkeit: 96 %, Regenmenge: 6.04 mm.
29.07.2023
  
  : 25°C
Halle, Sachsen-Anhalt / Deutschland

Städte werben ja gerne mit ihren bekannten Töchtern und Söhnen, z.B. Bonn mit Beethoven und Salzburg mit Mozart. Ist gut fürs Geschäft. Jetzt bin ich also in der Händelstadt Halle. Ja, Georg Friedrich Händel wurde hier geboren, richtig viel gewirkt hat er hier aber nicht.
Ist denen aber egal.
Kommen Engländer nach Halle ist die erste Reaktion oft: „What? George Frideric Handel was a German?“
Ich verkürze das mal so:
Als junger Kerl mit 24 Jahren erhält das ehemalige Wunderkind Georg Friedrich im Jahre 1709 eine Einladung an den kurfürstlichen Hof von Hannover. Dort freundet er sich mit einem gewissen Georg Ludwig an. Man versteht sich gut, die Welt ist schön. Ein paar Jahre später heißt Georg Ludwig dann King George I., ist König von England und beerbt damit die Stuarts. Seinen gesamten Hofstaat nimmt er mit von Hannover nach London. Auch unser Georg Friedrich H. zieht dorthin und verbringt den Rest seines Lebens dort, abgesehen von ein paar Besuchen in der alten Heimat. Zur Inthronisation eines neuen englischen Königs war es üblich, auch die dazugehörige Hymne neu zu vertonen. Der Text bleibt gleich, irgendwas aus dem Alten Testament oder so, aber die Musik ist neu. Und die darf diesmal Kumpel G. F. Händel komponieren. Aber unser deutscher Friedrich ist auch sehr geschäftstüchtig. Er läßt sich von George I. ein Urheberrecht verbriefen. Bis dahin unüblich. Jeder hat bei jedem geklaut und auch Händel war da nicht gerade zimperlich. Zudem verfügt der neue König, daß bei einer Inthronisation von nun an immer diese Hymne gespielt werden soll.
Lange Rede kurzer Sinn, Händel wird in der Folgezeit im Königreich so berühmt, daß er später -nach heutigem Maßstab übrigens als Multimillionär- sogar in Londons Westminster Abbey beigesetzt wird.
Das schaffen nicht viele!
Mit Freude haben die Hallenser und Hallenserinnen, oder kurz die Hallensenden, kürzlich vernommen, daß auch bei der diesjährigen Inthronisation von Charles III. wieder Händel gespielt wurde.

Übernachtung: Dritte Nacht im sympathischen Halle.

Wetteraussichten: Mäßig bewölkt. Wind mit 32 km/h aus westlicher Richtung, Böen bis 40 km/h. Tagestemperatur zwischen 15°C und 25°C, Nachttemperatur 16°C. Regenwahrscheinlichkeit: 37 %, Regenmenge: n.a.
30.07.2023
  
  : 25°C
Naumburg, Sachsen-Anhalt / Deutschland

Leider nur einen Tag an der schönen Saale, denn die Unstrut, der ich von nun an folgen werde, mündet direkt hier am Zeltplatz in die Saale. Das Timing heute war mal wieder perfekt, denn das Wetter unterwegs war herrlich, ich besuchte eine archäologische Stätte und die ersten Weinberge tauchten auf. Kaum aber hatte ich mein Zelt aufgebaut, zog ein kräftiges Gewitter rüber. Morgen gibts nur eine kurze Etappe, denn zuerst werde ich mal Naumburg mit dem berühmten Dom besichtigen um dann Freyburg im Herzen des Weinanbaugebietes einen Besuch abstatten. Da bleibt wohl nicht viel Zeit zum Radfahren.

Heute gefahren: 67 km und 362 hm
Übernachtung: Guter Zeltplatz für 19,50 Euro, mal wieder inkl. Kurtaxe.
Wetteraussichten: Leichter Regen. Wind mit 36 km/h aus süd-westlicher Richtung, Böen bis 54 km/h. Tagestemperatur zwischen 16°C und 23°C, Nachttemperatur 17°C. Regenwahrscheinlichkeit: 46 %, Regenmenge: 1 mm.
31.07.2023
  
  : 21°C
Karsdorf, Sachsen-Anhalt / Deutschland

Ich gebe es ja zu, ich zahle nicht gerne Eintritt für Kirchen. Und für den Naumburger Dom muss man für Zutritt inklusive Führung stolze 12,50 Euro hinlegen. Einen Euro hat mir meine Kurkarte erlassen, den Rest verbuche ich unter kulturhistorischer Bildung. Muss ja auch mal sein. Und ich kann sagen, die Veranstaltung war jeden Cent wert. Besonders beeindruckt haben mich die Lettner, hier gibt es gleich zwei davon, einen Ost- und einen West-Lettner. Ein Lettner ist ein kunstvoller Aufbau, der das Kirchenschiff quer durchteilt. Geht man also im Westen in die Kirche, kann man den Altar im Osten gar nicht sehen, der Lettner verdeckt die Sicht. Früher haben die Profis (Geistliche, Domherren, etc.) da obendrauf gebetet, unbeobachtet von den Laien, die ebenerdig beten mussten. Dazu gab es in dem Dom zeitweise über 30 Altare. Da war für jeden was dabei. Hat sich dann später nicht durchgesetzt und so gut wie alle Lettner verschwanden aus den Kirchen. Mancherorts gibts noch ein paar Relikte, Geländer, kleine Podeste und sowas, aber nun ist der Blick fast überall frei, von vorne bis hinten. Nicht so im Naumburger Dom, große Seltenheit, eine Show für sich.
So verbrachte ich den Vormittag im schönen Naumburg und brach erst mittags ins Zentrum des Weinbaus nach Freyburg auf. Dort war aber nun gar nix los. Lag es am Wetter oder am Montag? Tote Hose. Kein Vergleich mit der Mosel zum Beispiel. Ich kehrte aber schön ein, trank zum Essen sehr guten lokalen Wein und genoss die Zeit dort trotzdem.
Danach nur noch einen Katzensprung zum gemütlichen Zeltplatz.

Heute gefahren: 26 km und 269 hm
Übernachtung: Naturnah, direkt an der Unstrut, Kanucenter und nette Leute. 13 Euro.

Wetteraussichten: Mäßiger Regen. Wind mit 36 km/h aus süd-westlicher Richtung, Böen bis 54 km/h. Tagestemperatur zwischen 15°C und 21°C, Nachttemperatur 15°C. Regenwahrscheinlichkeit: 100 %, Regenmenge: 12.97 mm.
01.08.2023
  
  : 19°C
Weißensee, Thüringen / Deutschland

Die ganze Nacht und auch den halben Vormittag schüttete es ordentlich. Gegen 11 Uhr hörte es endlich auf und ich konnte losfahren. Die Fahrt heute aber wirklich keine Genusstour. Zum einen gab es wieder stürmischen Gegenwind und immer wenn am Himmel eine graue Wolke erschien, goß es ordentlich aus ihr. Mehrfach zogen solche Unwetter durch und jedesmal musste ich schnell Schutz suchen, um nicht völlig durchnässt zu werden. So war ich heute mal wieder außerordentlich froh, als ich recht spät endlich den Zeltplatz erreichte. Zu meiner Freude musste ich hier glücklicherweise nicht mehr kochen, denn gleich nebenan gibt es ein griechisches Restaurant. Eine Wohltat nach diesem Tag

Heute gefahren: 87 km und 652 hm
Übernachtung: Guter Zeltplatz für 11 Euro.
Wetteraussichten: Mäßiger Regen. Wind mit 25 km/h aus süd-westlicher Richtung, Böen bis 58 km/h. Tagestemperatur zwischen 13°C und 20°C, Nachttemperatur 17°C. Regenwahrscheinlichkeit: 100 %, Regenmenge: 6.05 mm.
02.08.2023
  
  : 15°C
Mühlhausen, Thüringen / Deutschland

So, letzte Station heute in Thüringen, morgen werde ich schon in Hessen sein. Es sind zwar nur noch 20 km zur Quelle, aber ich verlasse die Unstrut hier in Mühlhausen und werde mich morgen auf eine kleine Bergetappe über den Hainich rüber ins Werratal begeben. Früh aufstehen ist angesagt, denn an der ehemaligen DDR-Grenze kurz vor Bad Sooden-Allendorf gibt es ein Grenzmuseum, das ich unterwegs gern besuchen möchte. Allerdings schließen die schon um 17:00 Uhr.

Heute gefahren: 80 km und 380 hm
Übernachtung: Städtischer Campingplatz am Freibad. Rezeption wegen des Wetters schon um 16:00 Uhr geschlossen. Bezahle also erst morgen früh bei Abreise.
Wetteraussichten: Leichter Regen. Wind mit 40 km/h aus süd-westlicher Richtung, Böen bis 72 km/h. Tagestemperatur zwischen 14°C und 18°C, Nachttemperatur 14°C. Regenwahrscheinlichkeit: 78 %, Regenmenge: 1.89 mm.
03.08.2023
  
  : 16°C
Witzenhausen, Hessen / Deutschland

Die ganze Nacht und morgens zerrte heftiger Starkwind an meinem Zelt. Der Wetterbericht warnte vor Sturmböen mit 8 bis 9 Beaufort. Kurz überlegt, ob ich da wirklich hinauf auf den Hainich strampeln oder doch lieber den Zug nehmen soll. Von wegen Sicherheit und so. Wenig überraschend entschied ich mich dann aber doch fürs Fahrradfahren. Es war anstrengend, es war echt saukalt, unangenehm nass, stürmisch, aber es war auch sehr, sehr schön. Denn dort oben hat man eine herrliche Rundumsicht auf umliegende Mittelgebirge, das lohnt alle Mühen.
Noch vor dem Aufstieg kehrte ich in einem kleinen Dorf in einer Bäckerei ein, die ich hier in der Einöde nun wirklich nicht vermutet hätte. Auf der Theke eine riesige, runde Pflaumentorte, wie ich sie noch nie gesehen habe.
„Ist die nur zum Schönaussehen oder kann man die auch essen?“ frage ich.
„Die ist von Muddi selbst gebacken“, verrät die Bedienung und schon erscheint die Alte persönlich. Wie man sich Muddi so vorstellt, irgendwie völlig aus der Zeit gefallen, im mehlbestäubten Kittel und mit einem Dialekt, bei dem jede künstliche Intelligenz sofort die Flügel streichen würde. Ich spreche sie auf die ungewöhnlich Größe an, aber sie findet die ganz normal, eher klein. Vor nicht all zu langer Zeit haben die Leute hier noch viel größere Kuchen zum Backen in die Backstube gebracht, weil sie zuhause keine Öfen hatten.
Schöne erlebte Geschichte denke ich und geniesse das Stück, das mir Muddi auftischt.
Nach Hainich und DDR-Grenzmuseum dann wieder an der schönen Werra, die ich morgen zum Abschluss der Reise mal bis zu Ihrer Vereinigung mit der Fulda in Hannoversch Münden begleiten werde.

Heute gefahren: 71 km und 969 hm
Übernachtung: Guter Zeltplatz für 15,80 Euro.
Wetteraussichten: Leichter Regen. Wind mit 14 km/h aus westlicher Richtung, Böen bis 32 km/h. Tagestemperatur zwischen 14°C und 22°C, Nachttemperatur 14°C. Regenwahrscheinlichkeit: 54 %, Regenmenge: 0.66 mm.
04.08.2023
  
  : 19°C
Baunatal, Hessen / Deutschland

Eigentlich endete die diesjährige Radtour durch Ostdeutschland ja bereits gestern in Thüringen, aber das eigentliche Ziel meiner Tour erreiche ich erst heute. Und für die letzte Etappe wähle ich nicht den kürzesten Weg, sondern begleite die interessante und geschichtsträchtige Werra noch bis zu ihrer Mündung in Hannoversch Münden. Nach schöner Einkehr in dem hübschen Fachwerk-Städtchen geht es dann die letzten Kilometer entlang der Fulda nach Baunatal.
Die Radtour endet so, wie sie begonnen hat: bei herrlichem Sonnenschein.

Heute gefahren: 65 km und 412 hm
Übernachtung: Couch Surfing und Catsitting bei Stephanie und Manuel.
Wetteraussichten: Mäßiger Regen. Wind mit 18 km/h aus westlicher Richtung, Böen bis 36 km/h. Tagestemperatur zwischen 11°C und 22°C, Nachttemperatur 14°C. Regenwahrscheinlichkeit: 100 %, Regenmenge: 3.48 mm.