Silennnnnzio
Assisi
1993 km
Er wurde hier in Assisi im Jahre 1181 oder 1182, so ganz genau weiß man das nicht, geboren und auf den Namen Giovanni getauft. Da war sein Vater, ein sehr wohlhabender Geschäftsmann, gerade in Frankreich. Als der zurück kam benannte er ihn kurzerhand in Francesco um. So ungewöhnlich begann sein Leben und es sollte auch so bleiben. Er hatte Stress mit der Kirche, weil er das Leben als besitzloser Bettler wählte und wurde doch nur zwei Jahre nach seinem frühen Tod von ihr heilig gesprochen. Der heutige Papst gehört seinem Orden an und hat seinen Namen Franziskus gewählt.
Glaube und Religion sind mir äußerst fern, aber vor solch einer Biographie habe ich höchsten Respekt. Ähnliches gilt für die sakrale Kunst. Man muss die Kirchen nicht mögen, kann aber den Künstlern, die sie damals ausstatteten, für ihre Werke große Hochachtung entgegenbringen (hab ich von Gaby!).
Jetzt quillt Italien wie vielleicht kaum ein anderes Land auf der Welt nur so über vor Kunst. Aber wenn schon der etwas alternativ angehauchte Reiseführer Lonely Planet über die Basilica in Assisi schreibt, dass sie “eines der bedeutensten Kunstwerke Italiens – einen Zyklus von 28 Fresken aus dem Leben des hl. Franziskus” birgt, dann muss man natürlich dahin. Man wird nicht enttäuscht.
Aber ich finde ja auch die kleinen Dinge des Lebens immer wieder sehr interessant. Beispiel gefällig?
In der Basilica wird großer Wert auf vollständige Ruhe gelegt. Nicht so leicht, denn das Gotteshaus ist riesig und wird von vielen Menschen besucht. Alle Teilnehmer von geführten Gruppen haben Kopfhörer auf den Ohren und werden von den Reiseführern per Funk nur im Flüsterton mit Informationen versorgt. Die stören die Ruhe also kaum. Wohl aber ab und zu andere Besucher, die sich unterhalten oder sonstwie Krach machen. Dann kommt ein diensttuender Franziskaner-Mönch zum Einsatz, der ganz im Kontrast zu dieser prachtvollen Kirche, in einer Art Bretterverschlag sitzt und über ein Mikrofon verfügt. In dieses spricht er dann mit ganz ruhiger, samtiger, fast liebevoller Stimme “Silenzio”. Man muss sich das so vorstellen, als wenn unser Papst beim Ostersegen statt urbi et orbi “Silennnnnnnzio” sagt. Ein Hörgenuss an sich.
Selbstverständlich ist es untersagt, die Fresken aus den 1290-er Jahren zu fotografieren. Sollte es doch mal vorkommen, ist sofort ein Ordner zur Stelle, der sich vor die Kamera stellt und ganz stumm eindeutige Winkbewegungen vollführt. Da mein Bus zurück nach Perugia erst spät fuhr, habe ich viel Zeit in der Basilica verbracht. Und nur ein einziges Mal habe ich gesehen, dass der Mönch seine Behausung verliess. Nachmittags hallte es plötzlich durch die Kirche: “No Photo”. Ein inzwischen wohl ermatteter Ordner hatte offensichtlich keine Lust mehr zu dem Fotografierer zu laufen um den Hampelmann zu machen. Dann nochmal: “NO PHOTO!” Nun ging der Mönch in seiner bescheidenen Kutte und mit nur einfachen Schlappen an den Füßen zu dem nervösen Rufer, um ganz ruhig und sanft auf ihn einzureden.
Und so wurde ich Zeuge, wie ein Ordner von einem Mönch zur Ordnung gerufen, nein gebeten, wurde.
Sowas vergisst man nicht!