Budapest – nein, das habe ich leider nicht gesehen!

Budapest, Ungarn

23 Reisetag

1397 Kilometer

Das kennen wir doch alle. Da haben wir eine Stadt besichtigt und zurück zuhause treffen wir mit Sicherheit auf einen dieser Besserwisser, der folgende Frage stellt:
BW: “Aha, du warst in PillePalle, da hast du doch bestimmt DingsDa besichtigt. Was sagst du dazu?”
Wir: “Äh, DingsDa? Ne, hab ich nicht gesehen.”
BW: ” Waaas, du warst in PP und hast DD nicht gesehen???”
Tja, dumm gelaufen.
Nach Budapest kannst du jedes Jahr drei Wochen lang kommen und nach zehn Jahren hast du immer noch nicht alles gesehen.

Andreas, mein Namensvetter und Inhaber der Pension in Esztergom, kündigte an, Budapest sei schöner als Paris. Tja, Prag, Budapest, Bukarest, Warschau, Sankt Petersburg, usw. , allesamt Paris des Ostens. Welch eine Wertschätzung für die Hauptstadt Frankreichs!

Grund genug, die Sache selbst in Augenschein zu nehmen, und die beginnt mit zwei kleinen Dämpfern.

Der kleine Stadtführer, den mir die Betreiberin des Campingplatzes in die Hand drückt, nennt unter den drei Dingen, die man gesehen haben muss, die Andrássy Straße, sie gehört auch zum Weltkulturerbe. Ich gehe sie einmal komplett runter. Links und rechts Prachtbauten aus dem ausgehenden 19-ten Jahrhundert, stimmig und gut. Aber bitteschön, warum muss eine sechsspurige lärmende Straße, dazwischen herführen? Die autogerechte Stadt mitten im Weltkulturerbe?

Budapest ist bekannt für seine vielen schönen Donaubrücken. Wirklich sehenswert. Ich stelle mich auf die Széchenyilánchid-Brücke, um die Aussicht auf die Donau, das Parlament, die Fischerbastei etc. zu geniessen. Nur leider donnert hinter mir der Verkehr inkl. Lastwagen und Bussen über die Brücke und direkt an beiden Donauufern verlaufen viel befahrene Straßen. Wer noch die Düsseldorfer Rheinpromenade ohne Tunnel kennt, weiß, was gemeint ist. Donauromantik kommt da nur schwer auf.

Jetzt gehe ich auf Entdeckungstour und da hat Budapest viel zu bieten. Denn unmittelbar abseits der Prachtstraßen findet sich eine komplett andere Stadt. Viele alte Gebäude, manche restauriert, manche noch nicht, einige verfallen, viele kleine Läden, Lokale, eine alternative Szene. Nicht wie Paris, sondern wie Berlin, früher, vor der Gentrifizierung. Ein vielfältiges Leben tummelt sich hier abseits der Touristenströme.

Auch kulinarisch hat Budapest viel zu bieten. Das Kaffeehausleben steht dem Wiens nur wenig nach. Ich wähle das traditionsreiche, noble Café New York mit üppiger Ausstattung, über 100 Jahre alt, schöner Live-Klaviermusik und gutem Essen. Danach in eine der Ruinenkneipen, die zuerst in den Hinterhöfen baufälliger Gebäude entstanden sind, mit Möbeln von sonstwoher. Hier gab es ursprünglich keine zwei gleichen Tische oder Stühle.

Und so kann ich in Budapest einen schönen Kulturspagat hinlegen und bin anschließend mit dieser Stadt dann doch wieder versöhnt.


PS.
“Ach, Sie waren in Venedig? Interessante Geschichte mit dem Löwen und der Bibel, nicht wahr? Begegnet einem ja einfach überall dort.”
Kleine Kopfnuss.
Gaby kennt die Auflösung.